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Ehrenamtliche Mentor*innen begleiten ausländische Fachkräfte beim Berufseinstieg
Hamid M. lebt schon seit acht Jahren in Deutschland, spricht recht flüssig Deutsch und ist gut qualifiziert in einem gefragten Beruf. Dennoch hat der 38-jährige IT-Spezialist aus dem Iran schon mehr als 100 Bewerbungen geschrieben und noch keine Stelle finden können. Kürzlich war er ein paar Tage Probe arbeiten in einem großen Betrieb in Soltau. „Es hat mir gut gefallen und ich hoffe, dass es diesmal klappt“.
So wie Hamid M. geht es auch anderen ausländischen Fachkräften in der Region. Trotz guter Qualifikation, solider Sprachkenntnisse und einem Fachkräftemangel in fast allen Branchen rollt man ihnen keineswegs den roten Teppich aus. Das stellte auch Viktoriia P. fest. Die 38-jährige Ukrainerin mit einem Master in Management und 14 Jahren Berufserfahrung in verschiedenen Unternehmen in ihrem Heimatland hatte sich auch lange erfolglos beworben, bis sie lernte, dass ihre Bewerbungen nicht hiesigen Standards entsprachen. „Ich habe alles falsch gemacht und viel Zeit verloren“, bedauert sie rückblickend. Dass sie heute eine Stelle im After-Sales-Management in Soltau hat, verdankt sie nicht nur ihrer Ausdauer, sondern auch der Unterstützung durch das IQ-Mentoring an der Volkshochschule Heidekreis.
Das IQ Projekt „Im Tandem zum Erfolg“ bringt erfahrene Fachkräfte aus der Region als Mentor*innen mit ausländischen Fachkräften, den Mentees, zusammen, um durch persönliche Begleitung Zugewanderten den Weg in den deutschen Arbeitsmarkt zu ebnen. Bei regelmäßigen Treffen werden Erfahrungen besprochen, Tipps gegeben, Bewerbungen unterstützt und aufkommende Fragen aller Art besprochen. Das Angebot richtet sich an alle ausländischen Fachkräfte, die sprachlich das B1-Niveau erreicht haben und eine Tätigkeit suchen, die ihren Qualifikationen entspricht.
Beim zweiten Runden Tisch des IQ Projekts an der VHS in Soltau stellten Lija Weber und Kateryna Smirnow, die zusammen das Projektteam bilden, mehrere Tandems vor und berichteten von ersten Erfolgen. Seit Projektstart in 2023 wurden sechs Tandems gebildet, zwei weitere sind in Planung. Die Mentees stammen aus der Ukraine, Kasachstan, Spanien, Peru, Kuba und Iran - falls Hamid bald mit von der Partie ist. Die ehrenamtlichen Mentoren arbeiten in unterschiedlichen Branchen, Firmen und Bereichen in Nordostniedersachsen und haben teilweise selbst einen Migrationshintergrund. So wie Zeynep Cakil, Personalreferentin in Bispingen, die Viktoriia P. weiter bei ihrem Berufseinstieg in Deutschland begleitet. Zeynep ist Kurdin und kam mit ihren Eltern aus der Türkei nach Deutschland.
Nataliia K. besucht zwar noch einen Integrationskurs, hat aber bereits einen Mentor. Die Luftfahrt-Ingenieurin aus der Nähe von Kiew floh im Frühjahr 2022 vor dem Krieg in ihrer Heimat nach Schneverdingen im Heidekreis und würde in Deutschland gern wieder in ihrem erlernten Beruf arbeiten. Ihr Mentor, Sergej Smirnow, stammt ursprünglich aus Russland und ist in Hamburg als fachliche Führungskraft bei Airbus tätig. Die beiden haben kürzlich zusammen das Airbus-Werk besucht, jetzt unterstützt Sergej Nataliia bei der Bewerbung auf eine Stelle dort. Sergej: „Wir brauchen gutes Personal“.
„Deutschland braucht Fachleute“, bekräftigt auch Lija Weber und ermuntert noch mal die hier lebenden Migranten mit im Ausland erworbenen Qualifikationen, zielstrebig ihren beruflichen Weg zu verfolgen. Und sie und Kateryna hoffen, noch weitere Mentorinnen und Mentoren zu finden. Gesucht werden „berufserfahrene Fach- oder Führungskräfte, die offen und bereit sind, ihr Wissen und ihre Erfahrungen weiterzugeben“.